- Juli 2017
Team Eifel verzichtet auf Start bei der Tour de France – Fairplaytour geht in Trier zu Ende
Am ersten Tag der zweiten Jahreshälfte sollte die Fairplaytour heute in Trier – die den Titel der ältesten Stadt Deutschlands für sich beansprucht – enden. Aufgrund der bisher gezeigten Leistungen war dem Team kurzfristig noch die Teilnahme an der 104. Auflage der Tour de France angeboten worden, das Team entschied sich aber geschlossen dagegen.
Zum Einen kritisiere man an der großen Schleife die ausufernde Kommerzialisierung, was für das Team nicht mit dem Gedanken des selbstzweckhaften Sporttreibens ohne finanzielle Hintergedanken in Einklang zu bringen sei. Zum Anderen könne man – im Gegensatz zur Fairplaytour – nicht sicher gehen, dass sich alle Teilnehmer der Herausforderung ausschließlich unter Verwendung legaler Hilfsmittel stellten. Als entscheidendes Argument mag aber angeführt werden, dass die Tour de France mit ihren lediglich 180 Teilnehmern im Vergleich zu den über 300 Teilnehmern der Fairplaytour geradezu mickrig daherkäme und das Team somit nicht mehr ausreichend motivieren könne.
Dass sich der Wettergott ebenfalls dem Fairplaygedanken verschrieben hat und er um einen Ausgleich der verschiedenen Wetterlagen bemüht ist, zeigte sich für die Tourteilnehmer vom Start weg: Waren insbesondere die ersten beiden Etappen noch von strahlendem Sonnenschein geprägt und hatten sich dauerhafte Regengüsse bis dahin eher rar gemacht, fing es pünktlich zum Start des letzten Tagesabschnitts an zu regnen. Hier zeigte sich erfreulicherweise, dass sich bei jenen Teilnehmern, die sich bis dato eher zur meckernden Fraktion gezählt hatten, im Laufe der Zeit eine Haltung kultiviert hatte, sich Herausforderungen auch ohne Beschwerden zu stellen und so konnten wir die Etappe motiviert angehen.
Hier gibt es Hochprozentiges
Nachdem wir die Kreisstadt St. Wendel erreicht hatten, bogen wir kurze Zeit später auf den St. Wendelinus Radweg ab, wo wir einige Kilometer verspeisten. Kurz hinter Weiskirchen – wir hatten den Radweg mittlerweile verlassen – gab es dann Hochprozentiges: Bei Steigungswerten bis über 10% hinaus nahmen wir das letzte große Hindernis der diesjährigen Tour in Angriff. Da sich die Sonne noch nicht dazu entschieden hatte, uns einen Besuch abzustatten, entschlossen wir uns kurzerhand, den Spieß umzudrehen und ihr unsere Aufwartung zu machen. Je länger wir kletterten, desto näher kam die Wolkendecke und so manch einer freute sich schon darauf, bald endlich nachvollziehen zu können, was Reinhard Mey denn damals mit jener Freiheit gemeint haben mag, welche über den Wolken grenzenlos sein müsse.
Himmelstürmer
Gleichwohl reichten die 350 zu überwindenden Höhenmeter leider nicht aus, unser kühnes Ziel zu realisieren, allerdings schon um festzustellen, dass eben nicht nur die Berge, sondern auch die Bäume nicht in den Himmel wachsen, weswegen so manch einer am Berg geschoben wurde. Jene Geste des Schiebens stellt seit jeher ein unverkennbares Zeichen der Verinnerlichung des Fairplaygedankens dar und verhinderte ganz nebenbei, dass der ohnehin schon zum Bersten gefüllte Besenwagen noch weitere Passagiere aufnehmen musste.
Nach dem langen Anstieg und bereits 60 Kilometern im Sattel konnten wir uns in Madern sowohl ein wenig aufwärmen als auch kräftig stärken. Verbandsbürgermeister Tim Kohley, vor einigen Jahren selbst Teilnehmer der Fairplaytour, begrüßte uns herzlich, nachdem er vorher bei der Essensausgabe mitgeholfen hatte.
Sahnehäubchen auf dem Kuchen des Radfahrens
Was ursprünglich als feine Geste der Streckenplaner vorgesehen war, erwies sich bei unverändert schlechten Witterungsbedingungen als zusätzliche Herausforderung, denn die restlichen 35 Kilometer bis ins Ziel führten uns auf dem Ruwer-Hochwald-Radweg fast ausschließlich bergab. Selbst wenn Faulheit erwiesenermaßen nicht zu den wesentlichen Charaktereigenschaften der Tourteilnehmer zählt, stellt das Bergabfahren für viele Radler eben doch das Sahnehäubchen auf dem Kuchen des Radfahrens dar.
Diese Haltung vermochte auch Pauker Moskopp während der Tour nicht zu ändern, der stets dafür plädierte, dass es doch gerade das Klettern sei, das den Reiz der schönsten Fortbewegungsart der Welt ausmache. Unabhängig davon, wie man nun zur Philosophie des Bergauf- bzw. Bergabfahrens steht, der zusätzliche Fahrtwind sorgte, in Kombination mit nachlassender Notwendigkeit des In-die-Pedale-Tretens, dafür, dass die Auskühlung – zumindest bei Teilnehmern mit leicht laufenden Laufrädern – nicht geringer wurde.
Neben den schwindenden Meckerfähigkeiten der Eifelgruppe haben andere Teilnehmer während der Tour ein begrüßenswertes Maß an Optimismus entwickelt, denn so manch einer war sich sicher, dass hinter den helleren der 50 Schattierungen grau bald die Sonne zum Vorschein kommen würde. Zwar wäre dies wahrlich zu viel des Guten gewesen, aber zumindest reichte es für eine zehnminütige Regenpause, welche bis zum Erreichen der Stadtgrenze Triers anhielt. Der erneut einsetzende Regen vermochte die Teilnehmer freilich mehr aus der Ruhe zu bringen und so wurden die letzten der insgesamt 95 Tageskilometer zum wohlverdienten Schaulaufen. Nach einer kurzen Schlusszeremonie in der Arena Trier konnten die Kinder die berechtigten Glückwünsche der anwesenden Eltern und Verwandten in Empfang nehmen.
Neun Tage und rund 840 Kilometer im Sattel
Nach neun Tagen und rund 840 Kilometern im Sattel ist es an dieser Stelle Zeit für ein kleines Résumé: Alle dreizehn Radlerinnen und Radler haben gesund und ohne wesentliche Stürze das Ziel erreicht. Das Team der Gesamtschule Eifel/der Realschule Blankenheim stellte mit insgesamt fünf Fünftklässlern, drei Sechstklässlern, je einem Siebt- bzw. Neuntklässler und drei Betreuern eins der jüngsten Teams im gesamten Teilnehmerfeld. In diesem Zusammenhang ist die Leistung sicherlich noch mal gesondert zu würdigen.
Es hat sich gezeigt, dass beharrliches Üben, im Sinne von Training, Anstrengungsbereitschaft und das konsequente Einstehen für eine Sache lohnenswerte Erfahrungen sind, welche die Aussicht auf Erfolg merklich erhöhen (Eine Garantie dafür kann es gleichwohl nie geben). Die gesammelten Eindrücke und die Gewissheit, für eine gute Sache eingestanden zu sein, werden so manchen Teilnehmer womöglich für den Rest des Lebens positiv prägen und hoffentlich den Mut geben, sich noch ganz anderen Herausforderungen zu stellen.
Persönlichkeitsbildung und Anstrengung
Jene Formen des Erlebens von Sinnhaftigkeit, verbindenden Erfahrungen in Gemeinschaft sowie letztlich die Erkenntnis, mit seinem Tun positive Effekte erzielen zu können, zeigen für den Verfasser einmal mehr, dass die wie auch immer zu definierende junge – oftmals gescholtene – Generation durchaus leistungsbereit ist. Wir als Erziehende sollten wieder mehr den Mut aufbringen, ihnen dies in einem humanen Sinne auch zuzutrauen. Das, was die Kinder in den neun Tagen gelernt haben, hat mit Sicherheit nicht immer Spaß gemacht. Dies muss es auch nicht, denn wahre Freude, hervorgerufen durch Stolz auf die eigens erbrachte Leistung, wirkt viel eher persönlichkeitsbildend, als oberflächlich empfundener Spaß ohne jedwede körperliche oder geistige Anstrengung. Jene Freude ist aber in aller Regel ohne tatsächliche Anstrengung nicht zu haben. Den Mont Ventoux erklimme ich schließlich auch nicht, ohne ins Schwitzen zu geraten.
Vielen Dank an viele
Abschließend gilt es all jenen zu danken, welche dem Team Eifel die mit der Tour verbundenen Erfahrungen ermöglicht haben. Zu danken sei in erster Linie den Organisatoren Herbert Ehlen und Klaus Klaeren. Auch wenn ihre Schultern die Hauptverantwortung tragen und ohne ihr Engagement die Tour nicht möglich wäre, gilt es darüber hinaus alle jenen zu danken, die nicht so sehr im Vordergrund stehen, aber ebenso Jahr für Jahr zum reibungslosen Gelingen der Tour beitragen. Seien es all jene, die Tag für Tag für das leibliche (Essen, Trinken und Gesundheit) oder mechanisches (Fahrradtechniker) Wohl sorgen, die Gepäck und Equipment verstauen und wieder entladen, die erschöpfte Kinder in den Besenwagen aufnehmen, die die notwendige Logistik und Organisation gewährleisten, die uns als Gäste stets mit offenen Armen empfangen, Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt haben (Verantwortliche der jeweiligen Städte und Gemeinden), die die Tour dokumentieren oder die Straßen absperren bzw. sichern und so ein gefahrloses Vorankommen ermöglichen (Polizei und Überholer). Ein Dank geht aber auch an die Betreuer (danke Norbert und Nicolas!), welche in ihrer Vorbildfunktion den Kindern wichtige Werte und Einsichten vermitteln. Nicht zuletzt gilt es aber den Kindern zu danken, welche sich für weniger privilegierte Menschen engagieren und ganz nebenbei ihre eigene Persönlichkeit stärken.