19. Fairplaytour: Teil 2 „Fitte Pfosten fallen nicht“ 26.06.17

  1. Juni 2017

Fitte Pfosten fallen nicht

Die ersten drei Tage hatten wir also erfolgreich hinter uns gebracht und die Kinder schienen vom Radfieber derart angesteckt zu sein, dass sie offensichtlich auch noch des Nachts in die Pedale traten.

Die heutige Etappe sollte uns von Prüm aus über St. Vith in die Ardennen nach Bastogne führen.

Die schwindende wirtschaftliche Bedeutung der länderübergreifenden Mittelgebirgsregion mag zwar (nach wie vor) ein Ärgernis für die einheimische Bevölkerung sein, für Freunde von Natur und Bewegung sind sie gleichwohl ein Segen, denn wo einst Kohle oder auch Personen per Dampfross transportiert wurden, wichen die Gleise vieler Bahntrassen mittlerweile gut ausgebauten Fahrradwegen, so u.a. auch auf dem Weg von Prüm nach St. Vith. Jene sind in der Regel äußerst angenehm zu befahren, da sie nur geringe Steigungen bzw. geringes Gefälle aufweisen und so ein flottes Fortkommen ermöglichen. So erreichten wir auch flugs Bleialf, wo uns eine große Schülermenge Spalier stand und uns warmen und motivierenden Applaus spendete. Bleialf ist historisch insofern von Bedeutung, als dass jenes beschauliche Örtchen unweit der belgischen Grenze vor Urzeiten das Ziel der ersten Klassenfahrt des Schreibers dieser Zeilen war.

 

Ohrenschmerzen und Besenwagen

Durch derartige Anekdoten noch zusätzlich motiviert, kamen wir auch keine zwei Stunden nach Abfahrt topfit in St. Vith an. Ehrlicherweise ist hier allerdings eine kleine Einschränkung vorzunehmen, denn Niki setzte seine Fahrt aufgrund von Ohrenschmerzen im Besenwagen fort, der ihn von der Strecke aufgekehrt hatte. Ein weiterer temporärer Ausfall ereilte uns in Form von Philipp, denn er scheint sich als einzig ernstzunehmender Konkurrent um den Titel des Plattenmeisters herauszukristallisieren und verkürzte in der teaminternen Wertung auf 2:3. Hier reift scheinbar ein echtes Talent heran.

Nach der obligatorischen Mittagsstärkung konnten wir unsere Fahrt gen Bastogne weiterhin auf einer alten Bahntrasse fortsetzen. Wurden die Vorteile obig noch ausführlich hervorgehoben, stellen jene Wege insofern eine Herausforderung dar, als dass sie dort, wo sie von Autostraßen gekreuzt werden, von Begrenzungspollern gesäumt sind, damit Unholde sie nicht verbotenerweise mit ihren Abgasschleudern befahren. Zu bedenken für Radfahrer ist dabei gleichwohl, dass sie jenen auch ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit entgegenbringen müssen, um nicht in Kollisionen verwickelt zu werden.

 

Poller-Phil und der fallende Pfosten

Ein besonders aufmüpfiges Exemplar eines solchen Pollers hatte für den heutigen Tag dummerweise den Fehler gemacht, sich mit Phil anzulegen und sich ihm in den Weg zu stellen. Nach kurzem, aber heftigem Kontakt ging einer unter heftigem Getöse und Gerumpel zu Boden und war fortan nicht mehr in der Lage, für den Rest des Tages seinen Dienst zu versehen. Phil hingegen setzte seine Fahrt ohne einen einzigen Kratzer fort. Es ist davon auszugehen, dass sich die Nachricht vom fallenden Pfosten herumsprechen und niemand mehr so tollkühn sein wird, sich mit Phil anzulegen.

Weiterhin hold war uns nicht nur Petrus, sondern auch der pausbackige Mann mit der Windmaschine, sodass wir geschwind in Bastogne eintrafen.

Bevor wir allerdings unsere nächtliche Herberge bezogen, stand erneut ein wenig geschichtliche Bildung auf dem Programm: Da deutsche Soldaten in beiden Weltkriegen in den Ardennen übel gewütet haben, besuchten wir auch hier ein Mahnmal, welches an die Befreiung des Landes durch die Amerikaner im Jahre 1944 erinnert.

Um dem Touranliegen des friedfertigen Miteinanders Ausdruck zu verleihen, stellten sich die Tour-Teilnehmer  im Fairplay-Schriftzug auf.

Werden die Ardennen historisch weiterhin mit den Schrecken von Krieg und Leid in Zusammenhang gebracht, deren Erinnerung auf unabsehbare Zeit eine Aufgabe schulischer Bildung sein wird, resultiert die Bekanntheit der Stadt heute vor allem aus dem Mythos des Ardennenklassikers Lüttich-Bastogne-Lüttich, welcher mit 258 km als das härteste Eintagesrennen im Radsportkalender gilt. Ganz so viele Kilometer bzw. Höhenmeter waren es auf unserer Fahrt in und durch die Ardennen mit 90 dann doch nicht, aber dennoch stellt jene Fahrt eine erneut starke Leistung aller Teilnehmer dar.

Um den kulinarischen Errungenschaften der belgischen Küche ausreichend zu huldigen, wurden im Verlaufe des Abends sämtliche Kartoffelbestände in frittierter Form aufgekauft und anschließend vertilgt.